GILE HAINDL-STEINER-STIPENDIUM Jan 2024-Dez 2025 - Vanessa Hafenbrädl
Hafenbrädl hinterfragt weibliche Archetypen und bricht mit gängigen Rollenbildern. Ihre Arbeit löst sich von Kategorie, Herkunft, Geschlecht und Spezie. Großformatige Videoarbeiten im öffentlichen Raum erreichen ein vielschichtiges Publikum, dem sie durch maximale Ästhetik die Sichtweisen erweitert. Ästhetik transportiert Kontroverse. Ihre Arbeiten stoßen den Betrachter ins Unterbewusstsein, da wo die Vielschichtigkeit herrscht. Anspruch ist es eine synästhetische Erfahrung auf unterbewusster Ebene spürbar zu machen. Alle Bilder in ihren Arbeiten entstehen „in camera“, ohne den Einsatz von reiner Animation. Dies verleiht ihren Werken eine charakteristische organische Anmutung.
Auf ihre Familiengeschichte stieß sie 2019 bei einem Besuch im Glasmuseum Frauenau im Bayerischen Wald. Die Hafenbrädls waren einst eine Dynastie von Glasbläsern, die handgefertigte Spiegel von außergewöhnlicher Höhe und Breite herstellten.
Hafenbrädl entwickelte ein analoges Animationsverfahren, das Ölgemälde und historische Bilder mit rohem optischen und mundgeblasenem Glas in Bewegung setzt. Seitdem kombiniert sie in ihren Arbeiten Glas mit Videomapping.
„Wer versucht, dieser Künstlerin ein Etikett aufzukleben, der wird zwangsläufig scheitern.“ (Süddeutsche Zeitung 2023)
Für 2024 hat die Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung zum dritten Mal das Gile Haindl-Steiner Stipendium vergeben. Der Stiftungsrat hat sich einstimmig für Vanessa Hafenbrädl ausgesprochen
Vanessa Hafenbrädl studiert von 2011 bis 2013 digitalen Film und Animation an der SAE in Hamburg. Seit 2004 engagiert sie sich intensiv politisch für den Erhalt und das Schaffen von Freiräumen in Freiburg, Hamburg und zuletzt in Dießen am Ammersee. Hier ist sie Gründungsmitglied der „Freien Kunstanstalt„. Der Verein hat es sich zum Ziel gemacht trotz der Immobilienpreismacht bezahlbare Ateliers und Orte der Begegnung zu schaffen und damit den Charm des „Künstlerortes“ zu erhalten.
2016 hatte Hafenbrädl ihren „Durchbruch“ in der Lichtkunst mit der Arbeit „Erlinde“ in Weimar. Dort visualisierte sie den genius loci mit drei hydroshields, riesige Wasserflächen aus der Feuerwehrtechnik. Seitdem ist sie mit ihren großformatigen Arbeiten im öffentlichen Raum international vertreten.
Für ihre poetischen Bilderzählungen wurde Hafenbrädl 2023 mit dem Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung ausgezeichnet.
GILE HAINDL-STEINER-STIPENDIUM 2021-23 - AGNIESZKA KASZUBOWSKA
„Durch die Darstellung als Objekt befreit Agnieszka Kaszubowska dieses von seiner bildhaften Gegenständlichkeit, um es über seine surreal anmutende Präsentation auf eine Metaebene zu überführen. Sie verleiht ihm etwas neues, etwas anderes. In ihren Bildern spiegeln sich all ihre Gefühlsebenen wieder; sie sucht nach dem, was die Absolutheit des Alles oder Nichts in Frage stellt. Kaszubowska malt den Augenblick mit seinem weiten Spektrum an Empfindungen und bewahrt doch durch die Perspektive der Draufsicht die Distanz. Damit gelingt ihr die Nähe und Ferne zur eigenen Existenz, ohne den Blick auf das Ganze zu verlieren.“ (Kurator Martin Leyer Pritzkow)
Im Mai hat die Erwin und Gisela von Steiner-Stiftung zum zweiten Mal das Gile Haindl-Steiner Stipendium vergeben. Der Stiftungsrat hat sich einstimmig für Agnieszka Kaszubowska ausgesprochen.
Kaszubowska kreiert in ihrer Malerei eine gelogene schöne Ästhetik und künstliche Schönheit, die aber im realen eine Illusion ist.
Agnieszka Kaszubowska wurde 1976 in Krakau, Polen, geboren. 1991-1997 besuchte Sie das Lyzeum der Bildenden Künste in Krakau, seit 2005 studierte sie Malerei bei Prof. Anke Doberauer. Es folgte 2010 ein Erasmusaufenthalt an der AVU Prag. Seit 2011 ist Agnieszka Kaszubowska Meisterschülerin und erhielt 2013 das Diplom für Freie Malerei und Grafik an der Akademie der Bildenden Künste, München.
GILE HAINDL-STEINER-STIPENDIUM 2020-22 - Gabi Blum
Die Jury hat sich einstimmig für Gabi Blum ausgesprochen, deren vielschichtiges Werk zwischen raumgreifenden begehbaren Installationen mit Performance, Malerei und Video changiert. Sie geht auf den Raum ein, arbeitet mit Menschen, macht diese zu Akteuren ihrer Arbeiten und zu Dokumenten ihrer Zeit. Zudem engagiert sich Gabi Blum für Künstler*innen in München und initiiert Projekte wie „Kunsthaus Raab“ oder „K&K – Bündnis Kunst und Kind“ (www.kundk.xyz).
Der Stiftungsrat möchte mit der Vergabe des Gile Haindl-Steiner-Stipendiums an Gabi Blum eine Künstlerin unterstützen, deren Schaffen für München und zahlreiche hier künstlerisch Tätige eine enorme Bedeutung hat.
Besonders die aktuelle Situation – ausgelöst durch die Corona-Krise – zeigt, wie wichtig es ist, eine lebendige und vielfältige Kunstszene zu unterstützen.
Gabi Blum studierte Bildhauerei bei Prof. Stephan Huber an der AdBK München und schloss 2014 als Meisterschülerin mit Diplom ab. 2015 erhielt sie die Debütantenförderung und den Bayerischen Kunstförderpreis, 2017 reiste sie im Rahmen des USA Stipendiums u.a. nach Seattle, Oregon, Detroit und Chicago. 2018 erhielt Blum das Stipendium zur Realisierung der Chancengleichheit für Frauen in Forschung und Lehre, sowie Förderungen von der Stadt München für den Projektraum Kunsthaus Raab. Ohne Förderungen – so sagt sie – wäre ein Großteil ihrer Projekte bisher nicht möglich gewesen, dafür arbeite sie zu ortsspezifisch, zu sperrig und zu prozesshaft. Für den Kunstmarkt entsteht kaum verwertbares Material; das Experiment, die Performance und das kollektive Agieren sind ihr wichtiger als das Produkt, das möglicherweise am Ende dabei herauskommt.
Website der Künstlerin: www.gabiblum.de
>>>Evelyn Vogel: Gabi Blum erhält Steiner-Stipendium, SZ, 10.12.2020